Folge #5 – Wenn der Partner nicht vegan is(s)t

VEGANES FAMILIENLEBEN

DER PODCAST

Nachdem ich in der letzten Woche nicht verraten habe, um welches Thema es in dieser Podcastfolge gehen soll, durftet ihr auf meinem Instagramaccount abstimmen. Ihr habt euch mit großer Mehrheit die Beziehung zu einem nicht-veganen Partner gewünscht. Deswegen erzähle ich euch heute, wie mein nicht-veganer Partner und ich seit 3,5 Jahren eine wunderbare Beziehung führen – und das trotz unserer unterschiedlichen Ernährung. Viel Spaß beim zuhören!

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SHOWNOTES ZUR EPISODE

So fing alles an:

Mein Partner und ich haben uns im Februar 2017 kennengelernt. Damals habe ich auch noch nicht vegan gelebt und hatte damit auch nicht wirklich viel am Hut. Ich habe aber während meines Bachelorstudiums in einer WG mit einer vegetarischen Freundin gelebt. Da wir meistens zusammen gekocht haben, habe ich zu der Zeit also schon meistens vegetarisch gegessen. Durch eine gute Freundin, die zu der Zeit sogar schon vegan gelebt hat, bin ich dann das erste Mal mit der veganen Küche in Kontakt gekommen.

Zu dem Zeitpunkt hatte ich auch schon viele vegane Kochbücher von Ella Mills (Deliciously Ella). Das hatte aber weniger mit der veganen Ernährung zu tun, sondern vielmehr mit der generell gesunden Ernährung. Ich habe nämlich damals den aufkommenden Trend „Clean-Eating“ mitgemacht und Wert auf möglichst unverarbeitete Lebensmittel gelegt. Und dafür haben sich ihre Kochbücher wirklich super geeignet.

Aber wie gesagt, ich habe mich im Februar 2017 nicht gezielt vegan ernährt und habe dementsprechend auch mit meinem Partner viel Fleisch gegessen. Das hat sich erst mit Beginn meines Masterstudiums geändert. Ich habe in Eberswalde Nachhaltige Unternehmensführung studiert, da ich das Thema Nachhaltigkeit sehr interessant und zukunftsweisend fand. Einige meiner Kommilitonen lebten da bereits vegan, sodass ich mich viel mit ihnen austauschen konnte. Außerdem habe ich mir in der Zeit viele Dokus zur veganen Ernährung angeschaut. Und erst da ist mir richtig bewusst geworden, dass es aus meiner Sicht nicht authentisch ist, sich für Nachhaltigkeit einsetzen zu wollen, aber zeitgleich an einer ökologisch höchst fragwürdige Ernährung mit einem großen CO2-Fußabdruck und Wasserverbrauch festzuhalten. Das passte einfach nicht zusammen.

Deswegen habe ich recht schnell entschieden, dass ich etwas ändern muss. Die Umstellung auf eine vegane Ernährung war dann auch wirklich sehr überstürzt. Ich habe natürlich noch die Reste aus meinem Kühlschrank im Wohnheimzimmer aufgegessen, aber dann keine neuen tierischen Lebensmittel mehr gekauft.

Meinem Partner habe ich die Entscheidung auch sofort mitgeteilt. Wir haben damals eine Fernbeziehung geführt, da er bei München wohnte und ich in Eberswalde bei Berlin. Er hat es zunächst als Trend abgetan, dem ich nun hinterhereifern würde, und hat es noch nicht wirklich ernst genommen. Erst als er mich das nächste Mal wieder besucht hatte, konnten wir ausführlich über meine Entscheidung sprechen. Als ich dann auch beim gemeinsamen Essen gehen nichts Tierisches bestellen wollte, hat er das erste Mal richtig realisiert, dass mir das Thema wirklich am Herzen liegt. Er hat dann auch sofort gesagt, dass er meine Entscheidung für die vegane Ernährung akzeptiert und respektiert. Aber er hat mich im gleichen Moment auch gebeten, seine Entscheidung, sich nicht auch so zu ernähren, ebenfalls zu respektieren.

Ich bin da sofort stutzig geworden, weil ich mich als moralisch überlegen angesehen habe. Schließlich hatte ich mich ja aus ökologischen und ethischen Gründen für diese Ernährung entschieden und hatte mich so umfassend über die Tierhaltung etc. informiert, dass ich der festen Überzeugung war, seine Ernährung sei unmoralisch und nicht okay. Nachdem wir da viele hitzige Debatten zu meiner Einstellung geführt haben, bin ich dann aber am Ende zu der Einsicht gelangt, dass er mit seiner Bitte Recht hatte. Wenn er mich so akzeptiert, wie ich bin, dann hat er von mir nicht weniger verdient.

Wir haben uns da also mit der Ernährung des anderen recht gut arrangiert. Wir haben uns auch gemeinsam einige Filme rund um die vegane Ernährung angesehen (zuletzt Game Changers, wo es um die gesundheitlichen Auswirkungen der tierischen Produkte geht) und viel über das Gesehene diskutiert und gesprochen haben. Deswegen ist es inzwischen so, dass mein Partner sich zu 80-85% auch vegan ernährt. Das liegt vor allem daran, dass ich bei uns im Haushalt das kochen übernehme. Er bekommt also von mir immer eine vegane Mahlzeit vorgesetzt, die er auch meistens isst, ohne das Verlangen nach einer tierischen Komponente zu haben.

Wenn er sich dann aber doch mal Fleisch dazu wünscht – beispielsweise beim Grillen – dann ist das auch okay für mich. Wir haben da den Kompromiss getroffen, dass er eben nicht mehr das billige Fleisch vom Discounter oder Supermarkt kauft, sondern nur noch beim Bioladen mit nachvollziehbarer Herkunft aus der Region. So kann ich wenigstens davon ausgehen, dass die Tierhaltung besser war als vom konventionellen Supermarkt. Trotzdem muss er das bewusst von sich aus einfordern. Ich frage ihn nicht gezielt danach, ob er etwas tierisches essen möchte. Und wenn er tierische Lebensmittel einfordert, muss er sich die Lebensmittel auch selbst kaufen und zubereiten. Das war einfach die persönliche Grenze, die ich gezogen habe.

Und so führen wir nun eine sehr harmonische und schöne Beziehung, ohne dass unsere unterschiedliche Ernährung ein großes Thema wäre. Zuhause ernähren wir uns pflanzlich (ich zu 100%, er zu 95%), und wenn wir auswärts essen, bestellt mein Partner eben auch mal ein Stück Fleisch. Aber auch das ist wirklich zurückgegangen. Und das weiß ich sehr zu schätzen. In den letzten 3,5 Jahren hat er sich sehr mit dem Thema auseinandergesetzt und weiß um die Konsequenzen seiner Ernährungsentscheidungen. Deswegen hat er seinen Konsum tierischer Lebensmittel schon sehr stark reduziert, ohne, dass ich ihn dazu gezwungen hätte. Und für mich ist das ausreichend. Denn er ist eine erwachsene Person und ich habe kein Recht dazu, ihm seine Ernährung vorzuschreiben.

Was kannst du nun für dich und deine (zukünftige) Beziehung mitnehmen?

Ich kann dir nur sagen, dass für uns der gegenseitige Respekt das A und O für die funktionierende Beziehung ist. Wir respektieren uns und auch die getroffenen Entscheidungen. Für mich ist es in Ordnung, wenn er sich nicht zu 100% vegan ernähren möchte. Denn ich bin der Meinung, dass jeder selbst entscheiden muss, wie er sich ernähren möchte – solange man sich der Konsequenzen seiner Entscheidung bewusst ist. Ich lege also wirklich wert darauf, dass mein Partner weiß, woher sein Fleisch stammt, wie die Haltung ausgesehen hat und das es ökologisch kaum vertretbar ist. Das weiß er – und dementsprechend ernährt er sich zuhause auch zu 95% vegan. Und was man auch immer im Hinterkopf behalten sollte: die wenigsten von uns leben von Geburt an vegan! Letztendlich ist es eine schrittweise Umstellung. Vielleicht kommt mein Partner irgendwann dahin, dass er auch zu 100% vegan leben möchte – vielleicht aber auch nicht. So oder so ist es in Ordnung. Er geht seinen Weg und leistet seinen Beitrag. Und das zählt für mich.

Dazu gehört auch ein gewisses Maß an Kompromissbereitschaft. Das bedeutet nicht, dass ich meine Werte über Bord geworfen habe oder du das machen solltest. Sondern es geht vielmehr darum, einen Mittelweg zu finden, der für beide akzeptable ist. Mein Partner und ich sprechen viel über die vegane Ernährung und die Auswirkungen des Fleischkonsums. Er setzt sich mit der Thematik also wirklich auseinander und geht seine kleinen Schritte in die richtige Richtung. Seine Werte haben sich seitdem auch sehr verändert. Und dementsprechend ist es dann für mich auch in Ordnung, wenn er sich nicht voll vegan ernährt. Da sollten wir auch alle immer im Hinterkopf behalten, dass es utopisch ist, dass sich irgendwann die Gesamtbevölkerung vegan ernährt. Aus meiner Sicht ist es besser, wenn sich viele Menschen nicht zu 100% vegan ernähren, anstatt dass sich wenige zu 100% vegan ernähren. Außerdem bemerke ich, dass mein Partner durch sein geändertes Essverhalten auch seinen Freundeskreis beeinflusst, die seine Veränderung natürlich auch bemerken. So beeinflusst er auch andere Menschen in seinem Umfeld, was aus meiner Sicht viel effektiver ist, als der Versuch, jemanden radikal zu missionieren.

Und da greift dann auch das Prinzip „inspirieren statt missionieren„. Ich lebe meinem Partner die vegane Ernährung einfach vor, ohne jedes Mal zu betonen, dass meine gekochten Mahlzeiten vegan sind. Dadurch, dass ich koche, gibt es bei uns immer das vegane Grundgericht. Er trifft dann für sich selbst die Entscheidung, ob er etwas Tierisches dazu braucht, oder ob das vegane Gericht als Hauptmahlzeit ausreicht. Wir arbeiten da also mit einer Art Baukasten-Prinzip, bei dem er sich seine Mahlzeit aus Basis des veganen Gerichts selbst zusammenstellen kann.

Als Basis für diese drei Punkte dient aber ganz klar die offene Kommunikation. Nur, wenn man auch wirklich offen und ehrlich miteinander sprechen kann, kann man solche Kompromisse überhaupt erst erzielen. Ich werde beispielsweise oft gefragt, wie ich mit dem Geruch tierischer Lebensmittel umgehe und ob es mich nicht stört, wenn mein Partner etwas stark riechendes, tierisches gegessen hat. Natürlich stört mich das, gerade wenn es um Käse oder Würstchen geht. Aber das habe ich mit meinem Partner offen und ehrlich besprochen. Der Kompromiss: er putzt sich danach die Zähne oder kaut ein Kaugummi. So verschwindet der intensive Geruch und ich ekel mich nicht mehr.

Mit diesen vier Punkten fahren wir sehr gut und haben eine sehr harmonische Beziehung, in der unsere Ernährung keinen großen Stellenwert einnimmt. Es ist wirklich schön, dass wir uns für unsere Ernährung beide nicht rechtfertigen oder kritisieren lassen müssen sondern uns einfach gegenseitig akzeptieren und respektieren.

Deswegen würde ich dir diese vier Punkte auch mit an die Hand geben, wenn du dich gerade in der Umstellung auf eine vegane Ernährung befindest und dein Partner nicht mitziehen möchte und vielleicht auch eher kritisch eingestellt ist. Eine offene Kommunikation hilft da wirklich sehr! Lege deine Beweggründe dar, ohne deinen Partner missionieren zu wollen. Dein Partner ist eine eigenständige Person, die ihre Entscheidung selbst treffen muss. Und diese Entscheidung musst du respektieren – genauso wie dein Partner deine Ernährung zu respektieren hat. Genau so würde ich ihm/ihr das auch vermitteln: Respekt beruht auf Gegenseitigkeit. Wenn seine/ihre Ernährung respektiert werden soll, gilt das im Umkehrschluss auch für deine Ernährung.

Ich bin mir auch sicher, dass die meisten Partnerschaften da eine gute Lösung finden werden, damit die Ernährung die Beziehung nicht dauerhaft belastet. Man verliebt sich ja auch nunmal nicht in die Ernährung eines Menschen sondern in die Person selbst – deswegen bin ich zuversichtlich, dass man immer eine Lösung finden kann, die für beide Seiten in Ordnung ist.

Bei uns hat es wie gesagt besonders gut geklappt, da ich meinem Partner immer ein veganes Gericht angeboten habe und er selbst entscheiden konnte, ob er dazu etwas Tierisches braucht. So hat er viele neue Lebensmittel kennengelernt und inzwischen ist sein Lieblingsgericht beispielsweise auch ein veganes Gericht. Deswegen kann ich wirklich nur empfehlen, immer wieder neue Gerichte anzubieten, aber auch immer wieder Gerichte zu wiederholen – denn die Geschmacksnerven müssen sich ja auch erstmal umstellen. Vielleicht probiert dein Partner die Gerichte zumindest und stellt dann überrascht fest, dass eine vegane Ernährung wirklich lecker sein kann und der omnivoren Ernährung in nichts nachsteht.

Würde ich nochmal eine Beziehung zu einem Nicht-Veganer eingehen?

Die Frage ist natürlich nur hypothetisch, da ich mir mit meiner Wahl ziemlich sicher bin 🙂 Aber ich würde die Frage auf jeden Fall bejahen! Denn ich kann an meinem Partner miterleben, dass ein Essverhalten nicht in Stein gemeißelt ist und Menschen sich auch verändern können. Ich würde der Person also immer zumindest eine Chance geben und schauen, ob er sich mit dem Thema auseinandersetzen möchte und nicht völlig empathielos ist.


Das soll es an dieser Stelle auch gewesen sein. Ich hoffe, ich konnte dir mit meinen Erfahrungen weiterhelfen. In der nächsten Woche geht es dann um den Umgang mit Konflikten im eigenen Umfeld, wenn deine Familie und Freunde der veganen Ernährung kritisch gegenüberstehen. Bis dann!

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