Folge #11 Die natürliche Ernährung des Menschen

VEGANES FAMILIENLEBEN

DER PODCAST

Schön, dass ihr bei dieser ersten Podcastfolge nach der Sommerpause wieder dabei seid. Im August habe ich mir eine Art kreative Pause gegönnt und war nur noch bei Instagram aktiv. Jetzt bin ich aber wieder zurück und eröffne die zweite Staffel des Podcasts mit einer Frage, die ich mir während meiner mischköstlichen Ernährung auch häufig gestellt habe und die ich auch regelmäßig von Fremden zu hören bekomme: Ist die vegane Ernährung nicht eigentlich total unnatürlich? Wir haben doch schon immer Fleisch gegessen, unser Körper ist darauf angepasst!

Ihr merkt also: in dieser Folge geht es mal nicht um Nährstoffkunde, sondern um die Antwort auf eine Frage, die ihr vielleicht auch schon gestellt bekommen habt oder noch bekommt. Mit dieser Folge möchte ich euch quasi eine gute und fundierte Antwort an die Hand geben, damit ihr selbstsicher darauf antworten könnt. Steigen wir also direkt am Anfang ein – wie haben sich unsere Vorfahren eigentlich ernährt?

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SHOWNOTES ZUR EPIDOSE

Die Antwort ist kompliziert

Um es kurz zu fassen: das kann man nicht pauschalisieren. Schließlich haben unsere Vorfahren auf der ganzen Welt verstreut gelebt, sodass auch die naturgegebenen Nahrungsmittel sehr unterschiedlich waren. Was aber allgemein gesagt werden kann: unsere Vorfahren waren nicht auf eine bestimmte Ernährungsweise spezialisiert, sondern haben gegessen, was sie gefunden haben. Man vermutet, dass es eine Mischung aus pflanzlichen Lebensmitteln und gelegentlich auch Fleisch war. Das hing natürlich immer davon ab, ob die Jagd erfolgreich verlaufen ist. Erst, als unsere Vorfahren vermehrt sesshaft geworden sind und mit Landwirtschaft und Ackerbau begonnen haben, stieg vermutlich der Verzehr tierischer Lebensmittel. Zeitgleich ging die Vielfalt verzehrter pflanzlicher Nahrungsmittel zurück, weil sie nicht mehr quer durchs Land zogen und überall unterschiedliche Pflanzen fanden.

So weit möchte ich aber auch gar nicht ins Detail gehen. Grundsätzlich kann man aber sehen, dass wir Menschen als Spezies sehr flexibel in Bezug auf unsere Nahrungsmittel sind, die wir zum Überleben brauchen. Dabei ist es wichtig zu verstehen, dass es einen großen Unterschied zwischen „Überleben“ und „langfristiger Gesundheit“ gibt.

Aber was ist mit der Evolution?

Tatsächlich können wir anhand der evolutionären und neugeschichtlichen Entwicklung der Ernährung der Menschen oder auch der Menschenaffen keine direkten Schlussfolgerungen auf eine gesunde Ernährungsweise treffen. Auch die Vorstellung, wir hätten uns durch die Evolution an eine bestimmte Ernährung angepasst, kann wissenschaftlich nicht bestätigt werden. 

Das liegt vor allem daran, dass die Evolution keine perfekten Anpassungen produziert. Es ist vielmehr so, dass die Evolution nur bestimmte Eigenschaften, die für das Überleben und die Fortpflanzung einer Gattung vorteilhaft sind, fördert. Für die Fortpflanzung muss eine Spezies aber nur bis zu einem bestimmten Alter überleben – es braucht also keine jahrelange Gesundheit bis ins hohe Alter. Aus der Sicht der Evolution muss die Ernährung also nicht „perfekt“ sein. Gut genug, um zu überleben und sich mindestens einmal fortzupflanzen, reicht schon völlig aus. 

Aber aus unserer heutigen Sicht ist das natürlich kein tolles Gesundheitsstandard. Für uns ist ja vielmehr die Prävention von Krankheiten, eine hohe Lebensqualität und Langlebigkeit von Interesse. Aus diesem Grund macht es wenig Sinn, die Ernährung unserer Vorfahren als besonders gesund zu bewerben. Glaubt also bitte keinen Berichten oder Büchern, die von einer „perfekten“ Gesundheit der Steinzeitmenschen (Stichwort Paleo-Diät) sprechen. Sie sind wissenschaftlich nicht belegt und können auch nie auf andere Menschen übertragen werden. 

Und wie sieht es mit unseren Zähnen aus?

Was auch häufig zur Herleitung einer “perfekten” Ernährungsform für uns Menschen genutzt wird, ist die Form unserer Zähne. Das gilt im übrigen auch für vegan lebende Menschen, die durch dieses Argument gerne die natürliche Anpassung des Menschen an eine pflanzenbetonte Ernährung herleiten wollen. So einfach ist es aber leider nicht.

Anatomische Eigenschaften wie die Form unserer Zähne können wir nicht als eindeutigen Beweis für eine ideale Ernährungsform sehen. Das beste Beispiel sind die Zähne von Löwen und Gorilla. Beide haben große Eckzähne – aber ganz unterschiedliche Ernährungsweisen. 

Gleiches gilt für den Vergleich heute lebender Menschen mit unterschiedlichen Ernährungsgewohnheiten, Lebensstilen und der Häufigkeit bestimmter Erkrankungen. Daraus kann man zwar Hypothesen ableiten, welche Ernährungseigenschaften vorteilhaft sein könnten. Sie müssten dann aber in Humanstudien getestet werden – und das ist quasi unmöglich. 

Alleinige Populationsvergleiche an sich haben quasi keine Aussagekraft, weil zu viele andere Faktoren als mögliche Ursachen im Spiel sein können. Auch große Studien wie die Adventist Health Study-2 und die EPIC-Oxford-Studie – die beiden größten Studien, die viele Veganer miteinschließen – lassen nur Vermutungen und keine sicheren Aussagen zu. 

Es ist also schwierig, eine artgerechte und natürliche Ernährung für uns Menschen zu bestimmen. Letztendlich muss eine für uns Menschen geeignete Ernährung ausreichend Energie und alle essentiellen Nährstoffe liefern. Wie wir die Ernährung aber weiter optimieren können, um möglichst lange gesund zu bleiben, ist noch sehr unklar. Grundsätzlich wird eine Reduzierung des Fleischverzehrs und ein vermehrter Verzehr von Obst, Gemüse, Vollkorngetreide, Hülsenfrüchten, Nüssen und Samen von vielen Fachgesellschaften als gesund angesehen. Das heißt aber nicht im Umkehrschluss, dass die vegane Ernährung die gesündeste Ernährung ist. Zwar können wir anhand der bisherigen Studien mit Veganern sehen, dass eine gesunde, vegane Ernährung möglich ist und auch wahrscheinlich gesundheitliche Vorteile mit sich bringt – aber eben nur, wenn wir auf die potenziell kritischen Nährstoffe achten! Nicht jede vegane Ernährung ist also automatisch gesund und auch nicht jede mischköstliche Ernährung ist automatisch ungesund. 

Bei diesen Überlegungen geht es jetzt erstmal nur um die gesundheitlichen Aspekte unserer Ernährung. Die ethischen und ökologischen Aspekte unserer Ernährungsentscheidungen sind nochmal ein ganz anderes Thema, das aber den Rahmen dieser Podcastfolge sprengen würde.

Und was sagt uns das jetzt?

Deswegen endet die Folge hier mit dem Fazit, dass es keine perfekte oder natürliche Ernährung für den Menschen gibt. Dazu haben wir uns immer viel zu unterschiedlich ernährt. Außerdem kann man die Ernährung unserer Vorfahren nicht mit unserer heutigen Ernährung vergleichen, weil sich natürlich auch die Pflanzen verändert haben. Gleiches gilt selbstverständlich aber auch für das Fleisch: wir sind uns denke ich alle einig, dass das Fleisch von Wildtieren eine ganz andere Beschaffenheit hat, als das Fleisch von Tieren aus der Massentierhaltung.


Ich hoffe, ihr konntet aus dieser Folge ein paar interessante Infos mitnehmen. Ich freue mich, wenn ihr auch In der nächsten Woche wieder dabei seid. Bis dahin wünsche ich euch eine schöne Woche! Macht’s gut!

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